20240621  ESSAY:  SURE 109 UND DIE TOLERANZ


PHOTOGRAPHY WEBER NORBERT

Essay: Sure 109 und die religiöse Toleranz im Koran


Sure 109, auch allgemein  bekannt als
„Al-Kafirun“ (Die Ungläubigen),
ist eine der kürzeren Suren im Koran und besteht
aus sechs Versen.

Diese Sure wird oft zitiert, um verschiedene Aspekte der Beziehung zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen zu erörtern.

Hier ist der vollständige Text der Sure 109:

1. Sprich: O ihr Ungläubigen!
2. Ich diene nicht dem, dem ihr dient.
3. Und ihr dient nicht dem, dem ich diene.
4. Und ich werde nicht Diener dessen, dem ihr dient.
5. Und ihr werdet nicht Diener dessen, dem ich diene.
6. Ihr habt eure Religion und ich habe meine Religion.

Der letzte Vers, „Ihr habt eure Religion und ich habe meine Religion“, wird häufig als Ausdruck der Toleranz im Islam interpretiert.

Dies deutet darauf hin, dass jeder in seiner Religion verbleiben kann, ohne den Glauben des anderen anzunehmen oder sich gegenseitig zu stören.

Erste Gegenmeinung:

Otto Jastrows Perspektive

Der Arabist Otto Jastrow, der sich intensiv mit der arabischen und islamischen Kultur auseinandergesetzt hat, argumentiert jedoch, dass diese Interpretation eine moderne und westliche Wunschvorstellung sei.
Jastrow stellt die Behauptung auf, dass der Islam historisch keine religiöse Toleranz im westlichen Sinne kennt.

Laut Jastrow ist Sure 109 eher eine Aussage, die die klare Trennung und Unvereinbarkeit der Glaubensrichtungen betont, anstatt eine friedliche Koexistenz zu fördern.

Kontext und Interpretation

Um diese Diskussion zu vertiefen, ist es wichtig, den historischen und theologischen Kontext zu berücksichtigen. Die Sure wurde offenbart zu einer Zeit, als die Muslime in Mekka eine Minderheit waren und starker Verfolgung durch die polytheistischen Mekkaner ausgesetzt waren.
Einige Gelehrte interpretieren diese Sure als eine Ablehnung der polytheistischen Praktiken und eine Bekräftigung der Monotheismus des Islams.

Toleranz im Islam

Die Frage der religiösen Toleranz im Islam ist komplex und facettenreich. Während es in der Geschichte des Islams Zeiten und Orte gab, in denen religiöse Toleranz und Koexistenz gepflegt wurden (z.B. im maurischen Spanien oder dem Osmanischen Reich), gibt es auch Texte und historische Ereignisse, die auf Intoleranz und religiöse Konflikte hinweisen.

Zusammenfassung

Die Interpretation von Sure 109 und insbesondere von Vers 6 bleibt umstritten und hängt stark von den jeweiligen Perspektiven und Kontexten ab.

Otto Jastrows Ansicht stellt eine kritische Perspektive dar, die darauf hinweist, dass die westliche Vorstellung von religiöser Toleranz nicht unbedingt mit den historischen und theologischen Realitäten des Islams übereinstimmt.

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Einführung

Als neutraler Autor und Beobachter möchte ich die Diskussion über die religiöse Toleranz im Islam und insbesondere die Interpretation von Sure 109, Vers 6 („Ihr habt eure Religion und ich habe meine“) vertiefen.

Es gibt verschiedene Perspektiven innerhalb der islamischen Theologie und Geschichte, die auf eine Praxis der Toleranz hinweisen.

Diese werden oft von unterschiedlichen Gelehrten und Denkrichtungen vertreten.

1. Klassische islamische Gelehrte und ihre Interpretation

Verschiedene klassische islamische Gelehrte haben
die Sure 109 als einen Ausdruck von Toleranz interpretiert:

– Al-Qurtubi (1214-1273):
Der andalusische Gelehrte Al-Qurtubi interpretiert Sure 109 als eine klare Trennung der religiösen Wege zwischen Muslimen und Polytheisten. Diese Trennung beinhaltet einen impliziten Aufruf zur friedlichen Koexistenz, indem beide Gruppen ihren eigenen Glaubensrichtungen folgen können, ohne den anderen zu stören.

– Ibn Kathir (1300-1373):
Ein weiterer prominenter Kommentator, Ibn Kathir, erklärt, dass Sure 109 eine Ablehnung der polytheistischen Praktiken und eine Bestätigung des Monotheismus ist.
Gleichzeitig deutet er darauf hin, dass dieser Vers einen friedlichen Abgrenzungsprozess darstellt,
bei dem jeder seiner Religion folgen kann, ohne Zwang oder Konflikt.

2. Moderne Gelehrte und interreligiöser Dialog

Moderne Gelehrte und Befürworter des interreligiösen Dialogs haben ebenfalls Argumente zugunsten der Toleranz im Islam formuliert:

– Tariq Ramadan:
Der zeitgenössische islamische Denker Tariq Ramadan argumentiert, dass der Koran zahlreiche Stellen enthält, die zu Toleranz und friedlichem Miteinander aufrufen.
Er betont, dass Sure 109 den Respekt vor den Glaubensrichtungen anderer Menschen bekräftigt und dass Muslime aufgefordert sind, in einem pluralistischen Umfeld friedlich zu leben.

– Muhammad Abduh (1849-1905):
Muhammad Abduh, ein ägyptischer Reformdenker, betonte die Notwendigkeit der religiösen Toleranz und des Verständnisses zwischen verschiedenen Glaubensgemeinschaften.
In seinen Interpretationen und Schriften argumentiert er,
dass der Koran die Koexistenz fördert und dass
Sure 109 als ein Beispiel dafür dient, wie Muslime in einer pluralistischen Gesellschaft leben sollten.

3. Historische Beispiele für Toleranz im Islam

Die Geschichte des Islams bietet ebenfalls Beispiele für Phasen der religiösen Toleranz:

Andalusien (711-1492):

Während der islamischen Herrschaft in Spanien (Al-Andalus) lebten Muslime, Christen und Juden in relativer Harmonie zusammen.
Diese Periode wird oft als „Convivencia“ (Zusammenleben) bezeichnet und gilt als ein Beispiel für religiöse Toleranz und kulturellen Austausch.

Osmanisches Reich:
Im Osmanischen Reich gab es ein System der religiösen Toleranz, das als „Millet-System“ bekannt ist.
Dieses System erlaubte es verschiedenen religiösen Gemeinschaften, ihre eigenen Gesetze und Bräuche zu praktizieren, solange sie die osmanische Autorität anerkannten.

4. Theologische Grundlage für Toleranz im Koran

Neben Sure 109 gibt es weitere Verse im Koran,
die Toleranz und respektvollen Umgang mit
Menschen anderer Glaubensrichtungen betonen:

Sure 2:256:
„Es gibt keinen Zwang im Glauben.
Der richtige Weg ist nun klar erkennbar geworden
gegenüber dem Irrweg.“
Dieser Vers wird oft zitiert, um die Freiheit des Glaubens und die Ablehnung von Zwang im Islam zu betonen.

Sure 49:13:
„O ihr Menschen, Wir haben euch von einem männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen und euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt.
Wahrlich, der Geehrteste von euch bei Allah ist der Gottesfürchtigste von euch.
Allah ist Allwissend und Allkundig.“
Dieser Vers betont die Vielfalt der Menschheit und den Wert des gegenseitigen Kennenlernens und Respekts.

Zwischenfazit:

Die Frage der religiösen Toleranz im Islam ist von je her vielschichtig und komplex.
Da gibt es nun mal keine einfachen Antworten.

Während einige Gelehrte wie oben beschrieben
Otto Jastrow eine kritische Perspektive vertreten,
gibt es zahlreiche andere Gelehrte und historische Beispiele, die eine Praxis der Toleranz und friedlichen Koexistenz innerhalb des Islams belegen.

Die Interpretation von Sure 109, Vers 6, sowie anderen relevanten Koranversen, kann auf vielfältige Weise verstanden werden, je nach historischem, kulturellem
und theologischen Kontext.

Quellen:

1. Al-Qurtubi, „Tafsir al-Qurtubi“
2. Ibn Kathir, „Tafsir Ibn Kathir“
3. Tariq Ramadan, „Islam and the Arab Awakening“
4. Muhammad Abduh, „The Theology of Unity“
5. Bernard Lewis, „The Jews of Islam“
6. Hugh Kennedy, „Muslim Spain and Portugal: A Political History of al-Andalus“

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Die Frage der religiösen Toleranz im Islam ist somit
auch heute ein viel diskutiertes und vor allem Dingen
oft missverstandenes Thema.

Ein guter Grund diese Sache Weitergehende zu betrachten.

Während einige Kritiker argumentieren, dass der Islam historisch und theologisch keine (!)
Grundlage für Toleranz bietet, gibt es viele Gelehrte und historische Beispiele, die das Gegenteil belegen.

Dieser Essay untersucht beide Seiten der Debatte, indem er die wichtigsten Argumente und Belege für und gegen die religiöse Toleranz im Islam darstellt.

Religiöse Toleranz im Koran und in der islamischen Theologie

Für-Positionen:
Befürworter der religiösen Toleranz

1. Koranische Grundlage für Toleranz

Mehrere Verse im Koran betonen die Bedeutung von Toleranz und dem respektvollen Umgang mit Menschen anderer Glaubensrichtungen:

Sure 2:256:
Es gibt keinen Zwang im Glauben. Der richtige Weg ist nun klar erkennbar geworden gegenüber dem Irrweg.“
Dieser Vers wird oft zitiert, um die Freiheit des Glaubens und die Ablehnung von Zwang im Islam zu betonen.
Er stellt klar, dass jeder Mensch das Recht hat,
seinen Glauben frei zu wählen.

Sure 49:13:
„O ihr Menschen, Wir haben euch von einem männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen und euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt.
Wahrlich, der Geehrteste von euch bei Allah ist der Gottesfürchtigste von euch.
Allah ist Allwissend und Allkundig.“
Dieser Vers betont die Vielfalt der Menschheit
und den Wert des gegenseitigen Kennenlernens und Respekts.

2. Klassische Gelehrte

Al-Qurtubi:
Der andalusische Gelehrte Al-Qurtubi interpretiert Sure 109 als eine klare Trennung der religiösen Wege zwischen Muslimen und Polytheisten, was eine friedliche Koexistenz impliziert, bei der beide Gruppen ihre eigenen Glaubensrichtungen respektieren können, ohne den anderen zu stören.

Ibn Kathir:
Ibn Kathir erklärt, dass Sure 109 eine Ablehnung der polytheistischen Praktiken und eine Bestätigung des Monotheismus ist, während er gleichzeitig
einen friedlichen Abgrenzungsprozess darstellt.

3. Moderne Gelehrte

Tariq Ramadan:
Tariq Ramadan argumentiert, dass der Koran zahlreiche Stellen enthält, die zu Toleranz und friedlichem Miteinander aufrufen.
Er betont, dass Sure 109 den Respekt vor den Glaubensrichtungen anderer Menschen bekräftigt und dass Muslime aufgefordert sind, in einem pluralistischen Umfeld friedlich zu leben.

Muhammad Abduh:
Muhammad Abduh betonte die Notwendigkeit der religiösen Toleranz und des Verständnisses zwischen verschiedenen Glaubensgemeinschaften. In seinen Interpretationen und Schriften argumentiert er, dass der Koran die Koexistenz fördert und dass Sure 109 als ein Beispiel dafür dient, wie Muslime in einer pluralistischen Gesellschaft leben sollten.

4. Historische Beispiele aus Europa

Andalusien (711-1492):

Während der islamischen Herrschaft in Spanien (Al-Andalus) lebten Muslime, Christen und Juden in relativer Harmonie zusammen. Diese Periode wird oft als „Convivencia“ (Zusammenleben) bezeichnet und gilt als ein Beispiel für religiöse Toleranz und kulturellen Austausch.

Osmanisches Reich:

Im Osmanischen Reich gab es ein System der religiösen Toleranz, das als „Millet-System“ bekannt ist.
Dieses System erlaubte es verschiedenen religiösen Gemeinschaften, ihre eigenen Gesetze und Bräuche zu praktizieren, solange sie die osmanische Autorität anerkannten.

Wider-Positionen:
Kritiker der religiösen Toleranz im Islam

1. Theologische Argumente

Einige Kritiker argumentieren, dass bestimmte Koranverse und Hadithe (Überlieferungen des Propheten Muhammad) eine klare Grenze zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen ziehen und die Toleranz einschränken:

Sure 9:29:
„Kämpft gegen diejenigen, die weder an Allah noch an den Jüngsten Tag glauben, noch verbieten, was Allah und Sein Gesandter verboten haben, noch die Religion der Wahrheit annehmen, bis sie in Unterwerfung den Tribut entrichten.“ Dieser Vers wird oft als Aufruf zu Gewalt gegen Nicht-Muslime interpretiert.

Hadithe:
Es gibt Hadithe, die die Überlegenheit des Islams betonen und den Kampf gegen Ungläubige fördern.
Diese werden oft als Beleg für eine intolerante Haltung gegenüber anderen Religionen verwendet.

2. Historische Praktiken

Ausbreitung des Islams:
Die rasche Ausbreitung des Islams durch Eroberungen in den ersten Jahrhunderten wird von Kritikern oft als Beleg für eine gewaltsame und intolerante Durchsetzung der Religion angeführt.

Dhimmi-Status:
Im islamischen Recht hatten Nicht-Muslime (Dhimmis) einen untergeordneten Status und mussten eine spezielle Steuer (Jizya) zahlen.
Obwohl sie gewisse Freiheiten genossen,
war ihre Position rechtlich und gesellschaftlich eingeschränkt.

3. Moderne Kritiker

Bernard Lewis:
Der Historiker Bernard Lewis argumentiert, dass die islamische Welt historisch gesehen eine begrenzte Form der Toleranz praktizierte, die weit von der modernen westlichen Vorstellung von Religionsfreiheit entfernt ist.
Er betont, dass Nicht-Muslime in islamischen Gesellschaften oft in einer rechtlich und sozial untergeordneten Position gehalten wurden.

Ayaan Hirsi Ali:
Die ehemalige Muslimin und heutige Kritikerin des Islams Ayaan Hirsi Ali argumentiert, dass der Islam in seiner orthodoxen Form keine echte religiöse Toleranz kennt und dass Reformen notwendig sind, um eine wahrhaftige Koexistenz zu ermöglichen.

Folgerung:
Die Diskussion über die religiöse Toleranz im Islam ist komplex und vielschichtig. Keine einfache Sache.

Während es theologische und historische Belege für beide Positionen gibt, zeigt die Geschichte des Islams, dass Perioden der Toleranz und Koexistenz möglich waren und auch praktiziert wurden.

Die Interpretation von Koranversen wie Sure 109 und die gelebte Praxis der Toleranz hängen stark vom historischen, kulturellen und theologischen Kontext ab.
Moderne Gelehrte und Denker betonen oft die Notwendigkeit, diese Traditionen der Toleranz zu bewahren und weiterzuentwickeln, um in einer globalisierten Welt friedlich zusammenzuleben.

Quellen:

1. Al-Qurtubi, „Tafsir al-Qurtubi“
2. Ibn Kathir, „Tafsir Ibn Kathir“
3. Tariq Ramadan, „Islam and the Arab Awakening“
4. Muhammad Abduh, „The Theology of Unity“
5. Bernard Lewis, „The Jews of Islam“
6. Hugh Kennedy, „Muslim Spain and Portugal: A Political History of al-Andalus“
7. Ayaan Hirsi Ali, „Infidel“
8. John L. Esposito, „The Islamic World: Past and Present“

Dieser Essay bietet einen umfassenden Überblick über die Argumente für und gegen die religiöse Toleranz im Islam und beleuchtet die verschiedenen Perspektiven, die in der akademischen und theologischen Diskussion vertreten sind.

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Religiöse Toleranz im Koran  – Was ist das ?

Die Frage der religiösen Toleranz im Islam bleibt ein vielschichtiges und sehr umstrittenes Thema.

Um diese Debatte besser zu verstehen, ist es hilfreich, historische Beispiele näher zu betrachten, die häufig als Belege für die Praxis der Toleranz im Islam angeführt werden. Zwei bedeutende Epochen sind hierbei die islamische Herrschaft in Andalusien und die des Osmanischen Reiches. Beide Zeiträume bieten Einblicke in die Komplexität und Dynamik religiöser Toleranz und Koexistenz.
Dieser erweiterte Essay untersucht diese beiden historischen Beispiele unter Berücksichtigung von Für- und Wider-Positionen, unterstützt durch ausführliche Belege und Quellenangaben.

Andalusien (711-1492)

Für-Positionen:
Religiöse Toleranz in Andalusien

1. Kulturelle und wissenschaftliche Blütezeit

Convivencia:
Der Begriff „Convivencia“ beschreibt die Koexistenz von Muslimen, Christen und Juden in Andalusien.
Diese Periode war gekennzeichnet durch einen bemerkenswerten Austausch von Ideen und Wissen.
Muslime, Christen und Juden arbeiteten zusammen in Bereichen wie Philosophie, Wissenschaft,
Medizin und Literatur.

Akademische Zusammenarbeit:
Das Kalifat von Córdoba, insbesondere unter der Herrschaft von Abd ar-Rahman III. (891-961) und Al-Hakam II. (915-976), wurde zu einem Zentrum des Lernens und der Wissenschaft. Die Bibliotheken von Córdoba beherbergten tausende Manuskripte, und Gelehrte aller Religionen trugen zu einem intellektuellen Austausch bei, der später die europäische Renaissance beeinflusste.

2. Gesellschaftliche Strukturen und Gesetze

Dhimmi-Status:
Unter islamischer Herrschaft genossen Christen und Juden den Status von Dhimmis, was ihnen bestimmte Schutzrechte und Freiheiten gewährte, solange sie die Jizya-Steuer zahlten. Sie konnten ihre Religion praktizieren, ihre eigenen Gerichte betreiben und ihre kulturellen Traditionen bewahren.

Religiöse Autonomie:
In vielen Städten Spaniens wurden Christen und Juden erlaubt, ihre eigenen Kirchen und Synagogen zu betreiben, und sie hatten Zugang zu ihren eigenen religiösen Führern und Institutionen.

Wider-Positionen:
Einschränkungen und Konflikte in Andalusien

1. Politische und soziale Hierarchien

Eingeschränkte Rechte:
Trotz der genannten Freiheiten waren Dhimmis rechtlich und sozial Muslimen untergeordnet.
Sie durften bestimmte öffentliche Ämter nicht bekleiden und waren oft in ihren beruflichen Möglichkeiten eingeschränkt.

Steuerliche Belastung:
Die Jizya-Steuer war eine finanzielle Belastung für
die nicht-muslimische Bevölkerung und wurde
von einigen als diskriminierend und erniedrigend empfunden.

2. Perioden der Intoleranz und Gewalt

-Almohaden-Dynastie:
Während der Herrschaft der
Almohaden (12. und 13. Jahrhundert) wurden religiöse Minderheiten strenger und unfair behandelt.
Es gab Phasen intensiver Verfolgung und Zwangskonversionen, die im Widerspruch zu früheren Perioden der Toleranz standen.

Soziale Spannungen:
Es gab immer wieder soziale Spannungen und Aufstände,
die auf religiöse Unterschiede zurückzuführen waren.
Die friedliche Koexistenz war oft fragil und
von der politischen Stabilität abhängig.

Das Osmanische Reich (1299-1922)

Für-Positionen:
Religiöse Toleranz im Osmanischen Reich**

1. Millet-System

Millet-System:
Das osmanische Millet-System ermöglichte es religiösen Minderheiten, ihre eigenen Angelegenheiten in religiösen und zivilrechtlichen Fragen zu regeln.
Dies ermöglichte ein hohes Maß an Autonomie und bewahrte die kulturelle und religiöse Identität von Christen, Juden und anderen Minderheiten.

Religiöse Führer:
Die religiösen Führer der Millets (Gemeinschaften) hatten bedeutende Autorität und konnten ihre eigenen Gesetze und Bräuche durchsetzen.
Dies schuf ein System, in dem verschiedene Religionen nebeneinander existieren konnten,
ohne in ständige Konflikte zu geraten.

2. Integration und Zusammenarbeit

Öffentliche Ämter:
In bestimmten Perioden durften Christen und Juden wichtige Positionen in der Verwaltung und im Militär bekleiden. Beispiele hierfür sind die berühmten Janitscharen,
eine Elite-Militäreinheit, die ursprünglich aus christlichen Knaben rekrutiert wurde.

Wirtschaftliche Beiträge:
Nicht-muslimische Gemeinschaften spielten eine wesentliche Rolle in der Wirtschaft des Reiches, insbesondere im Handel und im Handwerk, und trugen zur wirtschaftlichen Blüte des Reiches bei.

Wider-Positionen:
Einschränkungen und Diskriminierung im Osmanischen Reich

1. Eingeschränkte Bürgerrechte

Rechtliche Benachteiligungen:
Trotz der Autonomie im Millet-System waren die nicht-muslimischen Gemeinschaften rechtlich und sozial Muslimen untergeordnet. Dies zeigte sich in Einschränkungen ihrer Bürgerrechte und in der Verpflichtung zur Zahlung der Jizya.

Soziale Diskriminierung:
Nicht-Muslime waren von bestimmten Berufen und Ämtern ausgeschlossen und wurden oft als Bürger zweiter Klasse behandelt.
Diese rechtliche und soziale Hierarchie führte zu Diskriminierung und sozialer Ungleichheit.

2. Perioden der Intoleranz und Gewalt

Massaker und Pogrome:
Es gab auch im Osmanischen Reich Perioden intensiver Intoleranz und Gewalt gegen religiöse Minderheiten.
Berühmte Beispiele sind die Massaker an Armeniern im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, die schließlich im Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs gipfelten.

Zwangskonversionen und Vertreibungen:
Es gab Perioden, in denen religiöse Minderheiten gezwungen wurden, zum Islam zu konvertieren oder ihre Heimat zu verlassen, besonders während Zeiten politischer und sozialer Instabilität.

Folgerung:
Die Geschichte des Islams in Andalusien und im Osmanischen Reich zeigt, dass es Phasen und Strukturen gab, die religiöse Toleranz und Koexistenz förderten.
Diese Perioden sind gekennzeichnet durch rechtliche Rahmenbedingungen, die den Schutz religiöser Minderheiten gewährleisteten, sowie durch kulturellen und intellektuellen Austausch. Gleichzeitig gab es jedoch auch Zeiten und Ereignisse, die durch Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt geprägt waren.

Die historische Praxis der religiösen Toleranz im Islam ist somit komplex und ambivalent.
Während einige Gelehrte und Historiker die positiven Aspekte betonen und als Modell für moderne Gesellschaften sehen, weisen andere auf die begrenzten und oft fragilen Natur dieser Toleranz hin.
Die Interpretation und Anwendung islamischer Prinzipien in Bezug auf religiöse Toleranz bleibt ein dynamisches und weiterhin relevantes Thema in der modernen
islamischen Welt und im interreligiösen Dialog.

Quellen:

1. María Rosa Menocal, „The Ornament of the World: How Muslims, Jews, and Christians Created a Culture of Tolerance in Medieval Spain“
2. Hugh Kennedy, „Muslim Spain and Portugal: A Political History of al-Andalus“
3. Bernard Lewis, „The Jews of Islam“
4. Halil İnalcık, „The Ottoman Empire: The Classical Age 1300-1600“
5. Karen Barkey, „Empire of Difference: The Ottomans in Comparative Perspective“
6. Tariq Ramadan, „Islam and the Arab Awakening“
7. Muhammad Abduh, „The Theology of Unity“
8. John L. Esposito, „The Islamic World: Past and Present“

Dieser erweiterte Essay bietet einen umfassenden Überblick über die Debatte zur religiösen Toleranz im Islam anhand der historischen Beispiele Andalusien und Osmanisches Reich und berücksichtigt dabei sowohl die positiven Aspekte als auch die kritischen Stimmen.



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Wo ist der Zusammenhang der religiösen Toleranz
mit wirtschaftlicher und politischer Stabilität …?

Religiöse Toleranz ist in der Geschichte oft mit wirtschaftlichem Wohlstand, einem fortschrittlichen Bildungssystem und politischer Stabilität verknüpft.

In den Fällen von Andalusien und dem Osmanischen Reich kann man deutliche Korrelationen zwischen diesen Faktoren und Perioden der religiösen Toleranz feststellen.

Dieser Essay untersucht, inwiefern religiöse Toleranz in diesen historischen Kontexten nicht ausschließlich religiös begründet ist, sondern vielmehr von wirtschaftlichen, bildungspolitischen und politischen Bedingungen beeinflusst wurde.

Andalusien (711-1492)

Wirtschaftlicher Wohlstand und Toleranz

1. Handelszentren und ökonomische Blüte

Wirtschaftliche Hubs:
Städte wie Córdoba, Sevilla und Granada wurden zu wichtigen Handelszentren im Mittelmeerraum.
Der wirtschaftliche Wohlstand dieser Städte zog Händler und Handwerker aus verschiedenen Kulturen und Religionen an. Dieser wirtschaftliche Austausch förderte eine Atmosphäre der Toleranz, da die Zusammenarbeit über religiöse Grenzen hinweg notwendig war.

Steuereinnahmen:
Die Prosperität der Region ermöglichte es den muslimischen Herrschern, durch Steuereinnahmen von Handels- und Agraraktivitäten finanzielle Stabilität zu sichern.
Die Jizya-Steuer, die von den Dhimmis gezahlt wurde, trug ebenfalls zu den Staatseinnahmen bei und ermöglichte eine gewisse Autonomie der nicht-muslimischen Gemeinden.

2. Landwirtschaftliche Innovationen

Agrarische Techniken:
Muslime brachten fortschrittliche Bewässerungstechniken und landwirtschaftliche Innovationen nach Andalusien,
was die landwirtschaftliche Produktivität steigerte und zur wirtschaftlichen Blüte beitrug.
Diese Verbesserungen schufen eine stabile Grundlage für den Wohlstand, der eine tolerante und inklusive Gesellschaft unterstützte.

Bildungssystem und intellektuelle Entwicklung

1. Zentren des Lernens

Universitäten und Bibliotheken:
Andalusien war Heimat bedeutender Bildungseinrichtungen, wie der Bibliothek von Córdoba und der Universität von Almería.
Diese Institutionen zogen Gelehrte aus der gesamten islamischen Welt sowie aus Europa an und förderten den interkulturellen und interreligiösen Dialog.

Übersetzungsbewegung:
Die Übersetzung griechischer und römischer Texte ins Arabische und später ins Lateinische spielte eine zentrale Rolle bei der Verbreitung des Wissens.
Diese Bewegung, bekannt als die Übersetzerschule von Toledo, ermöglichte einen breiten Zugang zu
antikem Wissen und förderte die intellektuelle Blütezeit.

2. Interkultureller Austausch

Philosophie und Wissenschaft:
Philosophen wie Averroes (Ibn Rushd) und Maimonides (Rabbi Moses Ben Maimon) verkörperten den interreligiösen intellektuellen Austausch. Diese Gelehrten trugen nicht nur zur islamischen, sondern auch zur jüdischen und christlichen intellektuellen Tradition bei.

Politische Stabilität und Toleranz

1. Dynastische Herrschaft

Umayyaden und Taifas:
Unter der Herrschaft der Umayyaden und später
der Taifa-Königreiche erlebte Andalusien relative politische Stabilität, die zu einem Klima der Toleranz beitrug.
Diese politischen Strukturen förderten die
Koexistenz durch pragmatische Regelungen und Bündnisse.

2. Verwaltung und Justiz

Rechtssystem:
Die islamischen Herrscher etablierten ein Rechtssystem, das auf Scharia und lokalen Gewohnheiten basierte.
Die Dhimmis wurden in vielerlei Hinsicht geschützt
und hatten Zugang zu ihren eigenen Gerichten,
was zur sozialen Stabilität beitrug.

Das Osmanische Reich (1299-1922)

Wirtschaftlicher Wohlstand und Toleranz

1. Handelsnetzwerke und ökonomische Vielfalt

Handelsrouten:
Das Osmanische Reich kontrollierte wichtige Handelsrouten zwischen Europa und Asien, was zu einem erheblichen wirtschaftlichen Wohlstand führte.
Dieser wirtschaftliche Austausch förderte die Notwendigkeit, mit verschiedenen Kulturen und Religionen zu interagieren und tolerante Handelsbeziehungen aufrechtzuerhalten.

Handelszentren:
Städte wie Istanbul, Smyrna (Izmir) und Alexandria waren bedeutende Handelszentren, in denen Händler unterschiedlicher Religionen zusammenkamen.
Dieser multikulturelle Austausch trug zur Förderung eines Klimas der Toleranz bei.

2. Wirtschaftliche Integration der Minderheiten

Millet-System:
Das Millet-System erlaubte es nicht-muslimischen Gemeinschaften, ihre eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten zu organisieren.
Sie trugen maßgeblich zum wirtschaftlichen Leben des Reiches bei, insbesondere im Handel,
Handwerk und in der Finanzwirtschaft.

Bildungssystem und intellektuelle Entwicklung

1. Bildungseinrichtungen

Madrasa-System:
Die Madrasas des Osmanischen Reiches waren bedeutende Zentren des Lernens, die sowohl religiöse als auch weltliche Bildung vermittelten.
Diese Institutionen zogen Gelehrte aus verschiedenen Regionen an und förderten den intellektuellen Austausch.

Universitäten und Akademien:
Der Bau von Bildungsinstitutionen wie
der Süleymaniye-Moschee-Komplex in Istanbul,
der sowohl eine Moschee als auch eine Universität
beinhaltete, unterstrich die Bedeutung von Bildung im Reich.

2. Förderung des Wissens

Patronage-System:
Osmanische Sultane und wohlhabende Eliten unterstützten Gelehrte und Künstler finanziell, was zu einem florierenden intellektuellen und kulturellen Leben führte.
Diese Förderung trug dazu bei, dass Wissen und Kultur im gesamten Reich verbreitet wurden.

Politische Stabilität und Toleranz

1. Verwaltungsstruktur

Zentralisierte Verwaltung:
Das osmanische Verwaltungssystem war stark zentralisiert und effizient organisiert, was zu politischer Stabilität beitrug. Diese Stabilität ermöglichte es, ein System der Toleranz und des Schutzes für religiöse Minderheiten aufrechtzuerhalten.

Millet-System:
Das Millet-System gewährte den religiösen Gemeinschaften eine gewisse Autonomie und trug zur politischen Stabilität bei, indem es Spannungen zwischen verschiedenen religiösen Gruppen minimierte.

2. Militärische Integration

Janitscharen-Korps:
Das Janitscharen-Korps, bestehend aus christlichen Knaben, die zum Islam konvertiert waren und im osmanischen Militär dienten, ist ein Beispiel für die Integration und den Aufstieg von Nicht-Muslimen in wichtige Positionen im Reich.
Diese Praxis förderte Loyalität und reduzierte religiöse Spannungen.

Fazit:
Die Untersuchung der historischen Epochen von Andalusien und dem Osmanischen Reich zeigt deutlich, dass religiöse Toleranz oft eng mit wirtschaftlichem Wohlstand, einem fortschrittlichen Bildungssystem und politischer Stabilität verknüpft war.
Diese Faktoren schufen ein Umfeld, in dem Toleranz und Koexistenz gefördert und unterstützt werden konnten.
Diese Korrelationen legen nahe, dass religiöse Toleranz in diesen Kontexten nicht ausschließlich durch religiöse Überzeugungen, sondern auch durch pragmatische und materielle Bedingungen beeinflusst wurde.

Diese Analyse betont die Bedeutung einer ganzheitlichen Betrachtung historischer Phänomene, bei der wirtschaftliche, bildungspolitische und politische Faktoren berücksichtigt werden.
Die Lektionen aus der Geschichte von Andalusien und dem Osmanischen Reich können wertvolle Einsichten für das Verständnis und die Förderung von Toleranz in modernen Gesellschaften bieten.

Quellen:

1. María Rosa Menocal, „The Ornament of the World: How Muslims, Jews, and Christians Created a Culture of Tolerance in Medieval Spain“
2. Hugh Kennedy, „Muslim Spain and Portugal: A Political History of al-Andalus“
3. Bernard Lewis, „The Jews of Islam“
4. Halil İnalcık, „The Ottoman Empire: The Classical Age 1300-1600“
5. Karen Barkey, „Empire of Difference: The Ottomans in Comparative Perspective“
6. Tariq Ramadan, „Islam and the Arab Awakening“
7. Muhammad Abduh, „The Theology of Unity“
8. John L. Esposito, „The Islamic World: Past and Present“

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Wirtschaftlicher Erfolg und religiöse Toleranz

Die Untersuchung der religiösen Toleranz in Andalusien und dem Osmanischen Reich zeigt, dass diese Toleranz nicht ausschließlich religiös begründet war, sondern stark von wirtschaftlichen, bildungspolitischen und politischen Faktoren beeinflusst wurde.

Dies legt nahe, dass ähnliche Bedingungen in der Gegenwart und Zukunft zur Förderung von Toleranz und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen religiösen Gemeinschaften beitragen könnten.

Dieser Essay untersucht die Möglichkeit, aus den historischen Beispielen von Andalusien und dem Osmanischen Reich Schlussfolgerungen zu ziehen,
die für die Förderung von Toleranz und Kooperation in modernen Gesellschaften nützlich sein könnten.

Beispiel: Andalusien (711-1492)

Wirtschaftlicher Wohlstand und Toleranz:
Eine Blaupause für die Zukunft

1. Handelszentren und wirtschaftlicher Austausch

Moderner Kontext:
Heutige Städte und Länder, die als Handelszentren fungieren, können von der multikulturellen Dynamik profitieren, ähnlich wie Andalusien.
Der wirtschaftliche Austausch fördert die Notwendigkeit der Zusammenarbeit über religiöse und kulturelle Grenzen hinweg.

Globalisierung:
Die Globalisierung bietet Chancen für den Austausch von Waren, Dienstleistungen und Ideen zwischen unterschiedlichen Kulturen und Religionen.
Wie in Andalusien kann dies ein Umfeld schaffen, in dem Toleranz gedeiht.

2. Integration in den Arbeitsmarkt

Gegenwärtige Ansätze:
Die Integration von Menschen verschiedener religiöser Hintergründe in den Arbeitsmarkt und ihre Einbeziehung in wirtschaftliche Aktivitäten kann den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern.
Unternehmen und Staaten können von der Vielfalt profitieren, ähnlich wie Andalusien durch den Beitrag seiner multireligiösen Bevölkerung.

Bildungssystem und intellektueller Austausch:
Ein Modell für die Zukunft

1. Zentren des Lernens und Wissensaustausch

Bildungspolitik:
Die Förderung von Bildungseinrichtungen, die den interkulturellen und interreligiösen Austausch unterstützen, kann Toleranz fördern.
Universitäten und Forschungsinstitute sollten Plattformen für den Dialog und die Zusammenarbeit bieten,
ähnlich wie die Übersetzerschule von Toledo.

Inklusive Lehrpläne:
Lehrpläne, die die Geschichte und Beiträge verschiedener Religionen und Kulturen hervorheben, können das Verständnis und die Wertschätzung für die Vielfalt fördern.
Dies kann helfen, Vorurteile abzubauen und
Toleranz zu stärken.

2. Interkultureller Dialog

Akademische Zusammenarbeit:
Institutionen sollten Programme und Initiativen fördern, die den interkulturellen Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Gelehrten verschiedener Religionen und Kulturen unterstützen. Dies kann zur intellektuellen und kulturellen Bereicherung beitragen, ähnlich wie in Andalusien.

Politische Stabilität und Toleranz:
Lektionen für die Zukunft

1. Verwaltung und rechtliche Rahmenbedingungen

Rechtssysteme:
Die Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen,
die den Schutz der religiösen Freiheit garantieren und die Gleichberechtigung aller Bürger fördern, ist entscheidend.
Dies kann zur politischen Stabilität und zur Förderung der Toleranz beitragen, ähnlich wie das Rechtssystem in Andalusien.

Politische Inklusion:
Die Einbeziehung religiöser Minderheiten in politische Prozesse und Entscheidungsfindung kann zur Stabilität und Toleranz beitragen.
Staaten sollten sicherstellen, dass alle Bürger,
unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit,
gleiche Rechte und Möglichkeiten haben.

Beispiel: Das Osmanische Reich (1299-1922)

Wirtschaftlicher Wohlstand und Toleranz:
Lehren für die Zukunft

1. Handelsnetzwerke und ökonomische Vielfalt

Handelsbeziehungen:
Moderne Staaten können Handelsbeziehungen nutzen,
um die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Kulturen
und Religionen zu fördern.
Wirtschaftliche Interessen können Brücken bauen und ein Umfeld der Toleranz schaffen,
ähnlich wie im Osmanischen Reich.

Wirtschaftliche Integration:
Die Förderung der wirtschaftlichen Integration von Minderheiten kann den sozialen Zusammenhalt stärken.
Dies kann durch Maßnahmen wie die Unterstützung von Minderheitengeschäften und -unternehmen geschehen.

Bildungssystem und intellektuelle Entwicklung:
Ein Vorbild für die Zukunft

1. Bildungseinrichtungen und Förderung des Wissens

Bildungsförderung:
Die Unterstützung von Bildungseinrichtungen, die interreligiösen und interkulturellen Austausch fördern, kann Toleranz stärken.
Wie im Osmanischen Reich können solche Institutionen ein Zentrum des Wissensaustauschs und des Dialogs sein.

Wissenschaftliche Kooperation:
Die Förderung wissenschaftlicher Kooperation und Austauschprogramme kann zur intellektuellen Bereicherung und zur Stärkung der Toleranz beitragen.
Dies kann durch internationale Stipendien und Forschungskooperationen unterstützt werden.

Politische Stabilität und Toleranz:
Anwendung in der Gegenwart

1. Verwaltungsstrukturen und politische Inklusion

Autonomieregelungen:
Moderne Staaten können von Autonomieregelungen profitieren, die religiösen Gemeinschaften eine gewisse Selbstverwaltung ermöglichen,
ähnlich dem Millet-System im Osmanischen Reich.
Dies kann zur politischen Stabilität und
zur Förderung der Toleranz beitragen.

Multikulturelle Verwaltung:
Die Einbeziehung von Vertretern verschiedener religiöser Gemeinschaften in die Verwaltung und Entscheidungsprozesse kann zur Stabilität und Toleranz beitragen. Dies fördert den Dialog und das gegenseitige Verständnis.

Fazit:

Die historischen Beispiele von Andalusien und dem Osmanischen Reich zeigen, dass religiöse Toleranz nicht ausschließlich auf religiösen Prinzipien basiert,
sondern stark von wirtschaftlichen, bildungspolitischen und politischen Bedingungen beeinflusst wird.

Diese Erkenntnis bietet wertvolle Lehren für die Gegenwart und Zukunft.
Indem moderne Gesellschaften wirtschaftlichen Wohlstand, ein fortschrittliches Bildungssystem und politische Stabilität fördern, können sie ein Umfeld schaffen, das Toleranz und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen religiösen und kulturellen Gemeinschaften unterstützt.
Diese integrative und ganzheitliche Herangehensweise
könnte dazu beitragen,
eine friedlichere und tolerantere Welt zu schaffen.

Quellen:

1. María Rosa Menocal, „The Ornament of the World: How Muslims, Jews, and Christians Created a Culture of Tolerance in Medieval Spain“
2. Hugh Kennedy, „Muslim Spain and Portugal: A Political History of al-Andalus“
3. Bernard Lewis, „The Jews of Islam“
4. Halil İnalcık, „The Ottoman Empire: The Classical Age 1300-1600“
5. Karen Barkey, „Empire of Difference: The Ottomans in Comparative Perspective“
6. Tariq Ramadan, „Islam and the Arab Awakening“
7. Muhammad Abduh, „The Theology of Unity“
8. John L. Esposito, „The Islamic World: Past and Present“

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Vom Gestern zum Heute

Die historische Analyse von Andalusien und dem Osmanischen Reich zeigt, dass religiöse Toleranz oft mit wirtschaftlicher Stabilität, fortschrittlichen Bildungssystemen und politischer Stabilität verbunden war.

Diese Wechselwirkungen hatten signifikante Auswirkungen auf die Gesellschaften jener Zeit und bieten wertvolle Einblicke in die Dynamik zwischen Toleranz und Wohlstand.

Dieser Essay untersucht kritische Punkte in der Geschichte,
an denen diese Wechselwirkungen gestört wurden,
und zieht Schlussfolgerungen,
die für eine friedliche und tolerante Zukunft relevant sein könnten.

Wechselwirkungen zwischen religiöser Toleranz und wirtschaftlicher Stabilität

Andalusien (711-1492)

1. Blütezeit unter den Umayyaden

-Wirtschaftlicher Wohlstand:
Unter der Herrschaft der Umayyaden (8. bis 10. Jahrhundert) erlebte Andalusien eine wirtschaftliche Blütezeit.
Die Städte Córdoba, Sevilla und Granada waren Zentren des Handels und der Kultur.
Der Wohlstand dieser Städte trug zur Aufrechterhaltung einer toleranten und multikulturellen Gesellschaft bei,
da wirtschaftlicher Erfolg die Notwendigkeit der Zusammenarbeit über religiöse Grenzen hinweg förderte.

Kulturelle und religiöse Toleranz:
Die Toleranz gegenüber Juden und Christen, die als Dhimmis unter muslimischer Herrschaft lebten,
war pragmatisch motiviert.
Sie trugen erheblich zur Wirtschaft bei und
zahlten die Jizya-Steuer, die zu den Staatseinnahmen beitrug.

2. Der Niedergang und die Reconquista

Kritischer Punkt:
Im 11. Jahrhundert begann der Niedergang der muslimischen Herrschaft in Andalusien.
Die Taifa-Königreiche, die nach dem Zerfall des
Umayyaden-Kalifats entstanden, waren politisch zersplittert und wirtschaftlich geschwächt.
Die interne Zersplitterung und die fehlende zentrale Kontrolle führten zu einem Rückgang der Toleranz und zu internen Konflikten.

Wirtschaftliche und politische Faktoren:
Die Reconquista, der christliche Rückeroberungskrieg, setzte die muslimischen Herrschaften unter Druck.
Die wirtschaftliche Unsicherheit und der militärische Druck führten zu einer Verschärfung der religiösen Intoleranz. Beispielsweise wurden nach der Eroberung
von Toledo im Jahr 1085 viele Muslime und Juden
vertrieben oder zwangsweise konvertiert.

Das Osmanische Reich (1299-1922)

1. Blütezeit unter Suleiman dem Prächtigen

Wirtschaftlicher Wohlstand:
Während der Herrschaft von
Suleiman dem Prächtigen (1520-1566) erlebte das Osmanische Reich eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit. Der Handel florierte, und die Städte des Reiches waren multikulturelle Zentren des Austauschs und der Innovation.

Millet-System:
Das Millet-System, das religiösen Gemeinschaften Autonomie gewährte, förderte die Toleranz und trug zur politischen Stabilität bei.
Diese Struktur ermöglichte es den verschiedenen religiösen Gruppen, ihre kulturellen und religiösen Traditionen zu bewahren und gleichzeitig zum Wohlstand des Reiches beizutragen.

2. Niedergang und Reformen im 19. Jahrhundert

Kritischer Punkt:
Im 19. Jahrhundert begann der Niedergang des
Osmanischen Reiches.
Die wirtschaftlichen Herausforderungen und der Druck von europäischen Mächten führten zu internen Reformen und Spannungen.

Die Tanzimat-Reformen (1839-1876) zielten darauf ab,
das Reich zu modernisieren und die Verwaltung zu zentralisieren, was jedoch auch Widerstände und Konflikte auslöste.

Erosion der Toleranz:
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten und politischen Instabilitäten führten zu einer Verschärfung der Intoleranz und zu ethnischen und religiösen Spannungen.

Beispielsweise führten die Balkankriege und der Aufstieg des Nationalismus zu Vertreibungen und Massakern
an religiösen Minderheiten.

Wechselwirkungen zwischen Bildungssystemen und religiöser Toleranz

Beispiel  Andalusien

1. Zentren des Lernens

Bildung und Toleranz:
Die Universitäten und Bibliotheken in Andalusien, wie die Bibliothek von Córdoba, förderten den interkulturellen und interreligiösen Austausch.
Die Übersetzungsbewegung ermöglichte den Zugang zu antikem Wissen und förderte eine Atmosphäre der intellektuellen Toleranz.

Intellektuelle Blüte:
Philosophen wie Averroes und Maimonides trugen zur intellektuellen Blüte bei und zeigten, wie Wissen und Bildung zur Förderung der Toleranz beitragen können.

2. Niedergang der Bildungseinrichtungen

Kritischer Punkt:
Mit dem Niedergang der muslimischen Herrschaft und der Reconquista wurden viele Bildungseinrichtungen zerstört oder geschlossen.
Die Vertreibung von Juden und Muslimen im
Jahr 1492 bedeutete das Ende einer Ära des
intellektuellen und kulturellen Austauschs.

Beispiel Osmanisches Reich

1. Madrasa-System

Bildung und Stabilität:
Die Madrasas im Osmanischen Reich waren Zentren des Wissens und der religiösen Bildung.
Diese Institutionen trugen zur intellektuellen und kulturellen Entwicklung bei und förderten eine Atmosphäre der Toleranz.

Förderung von Wissen:
Die Patronage der Sultane und wohlhabenden Eliten unterstützte Gelehrte und Künstler,
was zu einer Blütezeit der Wissenschaft und Kultur führte.

2. Verfall des Bildungssystems

Kritischer Punkt:
Mit dem wirtschaftlichen und politischen Niedergang des Reiches im 19. Jahrhundert verschlechterte sich auch das Bildungssystem.
Die Reformen der Tanzimat-Ära konnten die intellektuelle Erosion und den Verlust des interkulturellen Austauschs
nicht aufhalten.

Schlussfolgerungen für die Zukunft

Wirtschaftliche Stabilität

Förderung des Handels:
Moderne Gesellschaften sollten den internationalen Handel und die wirtschaftliche Zusammenarbeit fördern, um multikulturelle Interaktionen zu unterstützen.
Wirtschaftlicher Wohlstand kann ein stabilisierender Faktor sein, der Toleranz fördert.

Integration von Minderheiten:
Die wirtschaftliche Integration von Minderheiten kann den sozialen Zusammenhalt stärken und zur Stabilität beitragen. Politiken, die wirtschaftliche Chancen für alle schaffen,
sind entscheidend.

Bildungssysteme

Interkultureller Austausch:
Bildungssysteme sollten den interkulturellen Austausch und das Studium der Geschichte und Beiträge verschiedener Kulturen und Religionen fördern.
Dies kann helfen, Vorurteile abzubauen und
Toleranz zu fördern.

Förderung von Wissenschaft und Kultur:
Die Unterstützung von Wissenschaft und Kultur kann intellektuelle und kulturelle Blütezeiten fördern,
die zu einer toleranteren Gesellschaft beitragen können.


Politische Stabilität

Rechtssysteme und Autonomie:
Die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen,
die religiöse Freiheit schützen und Autonomie für religiöse Gemeinschaften gewähren,
kann zur politischen Stabilität beitragen.

Politische Inklusion:
Die Einbeziehung religiöser Minderheiten in politische Prozesse und Entscheidungsfindung kann Spannungen reduzieren und den sozialen Zusammenhalt stärken.

Quellen:

1. María Rosa Menocal, „The Ornament of the World: How Muslims, Jews, and Christians Created a Culture of Tolerance in Medieval Spain“
2. Hugh Kennedy, „Muslim Spain and Portugal: A Political History of al-Andalus“
3. Bernard Lewis, „The Jews of Islam“
4. Halil İnalcık, „The Ottoman Empire: The Classical Age 1300-1600“
5. Karen Barkey, „Empire of Difference: The Ottomans in Comparative Perspective“
6. Tariq Ramadan, „Islam and the Arab Awakening“
7. Muhammad Abduh, „The Theology of Unity“
8. John L. Esposito, „The Islamic World: Past and Present“



Ergebniss:

Diese Analyse zeigt, dass religiöse Toleranz nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern in einem
komplexen Geflecht wirtschaftlicher,
bildungspolitischer und politischer Faktoren eingebettet ist.
Durch die Förderung dieser Faktoren können moderne Gesellschaften ein Umfeld schaffen, das Toleranz und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen religiösen und kulturellen Gemeinschaften unterstützt.



Norbert Weber / Karatelehrer
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• Budōka – 武道家 • 5.DAN-KARATE-DŌ •
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